Geologie

Regionalgeologischer Rahmen

Regionalgeologisch befindet sich die Ganglagerstätte Niederschlag im Grenzbereich von der aus proterozoischen Ausgangsgesteinen aufgebauten Erzgebirgszentralzone zur ebenfalls regionalmetamorph überprägten altpaläozoischen Sedimentfolge der Tellerhäuser Synklinale im Südwesten.

Die proterozoischen Gesteine der Erzgebirgszentralzone im Gebiet Niederschlag-Bärenstein werden in der lithostratigraphischen Gliederung der älteren Preßnitzer Gruppe mit der Rusová- und Mĕdĕnec-Folge und der zeitlich jüngeren Niederschlager Gruppe zugeordnet. Bei den sedimentären Ausgangsgesteinen der proterozoischen Schichtglieder handelt es sich um eine vergleichsweise monotone Abfolge einer flyschartigen Grauwackensedimentation, in jüngeren Schichtgliedern mit konglomeratischen und karbonatischen Einschaltungen sowie untergeordnet auch rhyolitischen Vulkaniten. Daneben sind auch basische Magmatite zu verzeichnen, die durch die regionalmetamorphe Überprägung nun als Amphibolite in den höheren Schichtgliedern der Rusová-Folge auftreten.

Mit dem Übergang zum Paläozoikum / Kambrium ist der Umschlag zu einer stärker pelitisch geprägten Sedimentation zu verzeichnen, verbunden mit einer dolomitisch geprägten Karbonatentwicklung. Ein weiteres Kennzeichen für den höheren Reifegrad der sedimentären paläozoischen Ausgangsgesteine ist das Auftreten quarzbetonter Schichtglieder, die nach ihrer metamorphen Überprägung nun als Quarzglimmerschiefer bis Quarzitschiefer vorliegen.

Nach Bankwitz & Bankwitz (1982) werden die Grundstrukturen der regionaltektonischen Gliederung bereits im Zuge einer ersten, präkambrischen Deformation der proterozoischen Gesteine der späteren Erzgebirgszentralzone angelegt und sind durch E-W-verlaufende Sattel- und Muldenstrukturen in Verbindung mit N-S-gerichteten Scharnierlinien gekennzeichnet.

Die gesamte Abfolge der proterozoischen und paläozoischen Gesteine wird regionalmetamorph unter almandin-amphibolit-faziellen Bedingungen überprägt. Altersdatierungen an Paragneisen aus der Preßnitzer Gruppe geben Hinweise auf den Höhepunkt der Regionalmetamorphose für den Zeitpunkt um 500 Mio a. Mit der Sudetischen tektonischen Phase im Karbon (um 330 Mio a) erreicht die Faltungs- und Schieferungsdeformation ihren Höhepunkt und mit der Konsolidierung des Annaberger Teilblocks der Erzgebirgszentralzone ihren Abschluss.

Im Ergebnis dieser Prozesse liegt der heute vorliegende regional-tektonische Aufbau vor, der durch die späteren bruchtektonischen Ereignisse vom späten Karbon bis in jüngere Zeit mit der Anlage von teilweise komplexen Bruchstrukturen modifiziert wird. Im Lagerstättenbereich sind die einzelnen lithologisch unterscheidbaren Schichtglieder der stratigraphischen Abfolge prinzipiell in Richtung des metamorphen Gefüges (Foliation) orientiert und fallen generell mit 10-35° nach Südwesten ein.

Beim Rahmengestein der Lagerstätte handelt es sich petrographisch um Zweiglimmer-Gneise, Muskovit-Gneise, Muskovit- und Quarz-Glimmerschiefer als Ergebnis der regionalmetamorphen Überprägung der Ausgangsgesteine. Je nach stratigraphischem Niveau und Ausgangsgestein können Amphibolite und meist dolomitische Karbonate (Marmorhorizonte) eingeschaltet sein. Daneben durchschlagen einzelne NW-SO-streichende Lamprophyr-Gänge das konsolidierte Grundgebirge, deren Bildung wahrscheinlich in das späte Karbon datiert. Als jüngstes Glied beteiligen sich phonolithische Vulkanitgänge als Ausläufer des miozänen Maares von Hammerunterwiesenthal am Aufbau des Gebirges. In Tiefen zwischen 800-1.200 m unter der Oberfläche vermutet man eine Granithochlage, die dem NNW-streichenden Gewölbe des metamorphen Grundgebirges folgt. Sie könnte mit den Granitaufragungen von Annaberg-Geyer-Ehrenfriedersdorf zusammenhängen.

 

Ausbildung der Lagerstättenstruktur

Die Lagerstättenstrukturen zwischen Hammerunterwiesenthal- Bärenstein und Neudorf besetzen die breite WSW-fallende Flanke einer länglichen, NNW-SSO-orientierten Gewölbeform, die sich im Ergebnis der vorlaufend kurz beschriebenen Prozesse gebildet hat. Ihre Scheitelregion verläuft etwa durch die Ortslagen Cranzahl-Bärenstein-Vejprty. Nach Norden geht diese ungleichmäßige Teilantiklinale in die Annaberger Gneiskuppel über. Großräumig ist diese Struktur durch ein umlaufendes Streichen ihres tektonisch-metamorph angelegten Gefüges gekennzeichnet und wird durch untergeordnete Sattel- und Muldenstrukturen weiter untergliedert. Die flache, ca. 10-35° geneigte WSW-Flanke dieser Gewölbestruktur senkt sich zur nach Norden ausgebuchteten trogförmigen Phyllit/Glimmerschiefer-Brachysynklinale mit WNW-OSO-Längsachse von Tellerhäuser-Zlaty Kopec. Weitspannige Querwellen, Faltensättel und Mulden mit Achsenrichtungen von NO-SW, O-W und NNO-SSW untergliedern die Gewölbeform weiter.

Die Gangstruktur der Hauptgangzone schneidet mit einem Generalstreichen von 155° (NNW-SSO) das tektonisch angelegte Flächengefüge der Foliation fast im Streichen, und zwar unter einem spitzen Winkel von 5° bis maximal 40° gegen Westen – in der Folge taucht im Längsschnitt der Lagerstätte die lithologische Strukturgliederung der Nebengesteine flach nach SSO ab. Der nördliche Teil der Struktur bis zum Schachtgebiet 34 wird durch die Südwestflanke der Annaberger Antiklinale beeinflusst, der Südteil um das Schachtgebiet 245 durch die Antiklinale von Weipert (Vejprty) als Teilglieder der übergeordneten Gewölbestruktur. Der zentrale Lagerstättenabschnitt zwischen den Schächten 281 und 282 ist gegenüber diesen beiden Teilstrukturen durch das gegebene Einfallen der Gesteinsschichten als nach SSO abtauchende Muldenstruktur um bis zu 300 m abgesenkt.

Die bruchtektonischen Prozesse setzen im Anschluss an die Konsolidierung praktisch bereits mit der beginnenden Exhumierung des metamorphen Grundgebirges ein, also mit der sudetischen tektonischen Phase in Unterkarbon (333 Ma). Zum einen nutzen sie die während der Regionalmetamorphose bereits durch tektonische Prozesse angelegten Strukturrichtungen (gitternetzartig verlaufende Achsen der Aufwölbungen sowie Sattel- und Muldenstrukturen), zum anderen kommt es zur Anlage eigenständiger, bruchtektonischer Strukturbilder in Reaktion auf regionale Einengungs- und Dehnungsprozesse, deren Richtungen im Laufe der Zeit wechselten.

Die bruchtektonischen Prozesse sind für die Bildung der Ganglagerstätte von besonderer Bedeutung, da sie den Mechanismus und den zeitlichen wie auch räumlichen Ablauf der wiederholten komplexen Öffnungsprozesse bestimmen. Die damit verbundene Raumschaffung ist Grundvoraussetzung für die Platznahme der hydrothermalen Mineralisationsabfolgen. Die bruchtektonischen Strukturbilder, verschieden nach Art, räumlicher Anordnung und zeitlicher Abfolge, bestimmen zusammen mit der zeitlichen und räumlichen Mineralisationsabfolge die heutige Komplexität der strukturgebundenen Ganglagerstätte, sowohl übergreifend für das Revier zwischen Bärenstein, Neudorf und Hammerunterwiesenthal; als auch für die Baryt-Fluorit-Lagerstätte Niederschlag im engeren Sinne.

Die Lagerstättenstruktur Niederschlag ist als Fortsetzung der Scheibenberger Störung eng an eine regionale Störungszone mit NW-Streichen gebunden. Quer zum Streichen weist sie eine Breite von mehreren hundert Metern auf. Auf zahlreichen mehr oder weniger ausgedehnten Parallelstörungen haben Gangmineralisationen mit Silber-, Zinn-, Blei-, Kupfer-, Kobalt- und Uranerzen Platz genommen. Sie führten in der Vergangenheit dazu, dass sich im Revier Bärenstein-Niederschlag über mehrere Bergbauperioden hinweg ein umfangreicher Altbergbau entwickelte.

Die Flussspat-Schwerspat-Lagerstätte Niederschlag ist im Zusammenhang mit dem Uranbergbau durch die SDAG Wismut entdeckt worden. Als Hauptgangzone (HGZ) der Lagerstätte wird der Abschnitt der regionalen Bruchstörungen von Scheibenberg-Niederschlag-Kovářská mit zugehörigen Begleitstörungen und Deformationshöfen sowie Mineralgängen und -trümern zwischen Einkreuzung der Johannisstruktur im Norden und der Pöhlbachstörung im Süden definiert. Sie erstreckt sich über eine Länge von ca. 2-2,5 km, wovon die Teilstruktur des Hauptlinsenzuges als Gegenstand des gegenwärtigen Abbaues eine Länge von rund 1 km einnimmt. In diesen Grenzen streicht die Struktur generell 150° und fällt mit 80° nach SW ein. Es handelt es sich um ein steil stehendes Störungssystem mit ausgeprägtem Scher- und Fiederspaltencharakter.